Wem gehört der Berg? 12.4.

So unterschiedlich sind die Berge auf der Welt, so unterschiedlich sind die vermeintlichen Antworten.

In den Alpen wird diese Frage schon seit Jahrzehnten an verschiedenen Orten diskutiert, mit unterschiedlichen Ergebnissen. Während man in Tirol anscheinend den totalen Ausverkauf und Gewinnmaximierung aus diesem geographischen Investitionspotenzial anstrebt, wird in der Schweiz der Tourismus durch die Preise ein wenig geregelt. Die Frage begleitet mich (Tobias) auch auf unserer Reise. In Gesprächen erfahren wir, dass in Nepal eine große Anzahl Reisende von Lodge zu Lodge wandern. In Anbetracht der Schwierigkeiten die man in den Alpen hat, Berghütten nachhaltig zu betreiben, stellt sich die Frage wie verträglich das für die nepalesischen Berge ist. Für Buthan scheint es schwer zu sein ein Visum zu bekommen. Die wenigen Besucher zahlen angeblich 200 € pro Tag und bekommen dann einen staatlich kontrollierten Reiseplan.

Jetzt, wo wir Richtung Sikkim kommen und morgens den Kadchenzonga sehen können, werde ich unruhig und möchte loswandern. Und bei der Suche nach Landkarten oder möglichen Trekkingrouten lande ich immer wieder bei Reiseagenturen, die einem das Komplettpaket mit Träger, Koch und Luftwedler anbieten. Es gibt keine brauchbaren Landkarten und für alles halbwegs Interessante braucht man eine permit und/oder einen Guide. Das kann man hier vor Ort als rentable Verdienstmöglichkeit für die Dorfbewohner nachvollziehen. Und trotzdem schränkt es mich in meiner Freiheit enorm ein. Denn das waren die Berge in den Alpen bisher für mich. Es war meine freie Entscheidung, welchen Berg ich besteigen möchte. Von Wetter, Lawinenlage und persönlichen Fähigkeiten abhängig, lag es an mir, richtig einzuschätzen, welche Tour mir Spaß machen würde und welche nicht. Hier funktioniere ich als ahnungsloser Konsument, der nur hoffen kann, nicht die falsche Agentur gebucht zu haben. Wo bleibt da die Selbständigkeit?

Diese Selbstständigkeit haben wir nun beschlossen abzugeben. Die Entscheidung viel nicht leicht, die 10 Tage Wandern kosten ordentlich. Was ist wenn man nach 3 Tagen umdrehen muss, weil einer krank wird? Was ist, wenn der Guide von einer riesigen Mannschaft aus Trägern begleitet wird, die einem unzählige, unnötige Sachen aufdrängen? Ich will kein aufwändiges Essen, Campingstühle und Leute im mich rum, die andauernd Sir zu mir sagen. Wie viel davon ist Abzocke, wieviel Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und wie viel indirekte Entwicklungshilfe?
Meine Berg-Eitelkeit. In zwei Wochen bin ich schlauer und kann mir eine Meinung über organisierte Treks erlauben.

Es scheint sich auf die Frage zu reduzieren:
Mit welchem Recht reise ich in ein Land, mit der Erwartung, mich an dem Reichtum der dortigen Natur erfreuen zu können, ohne meinen wirtschaftlichen Reichtum mit den örtlichen Einwohnern teilen zu wollen?

Ich kann kaum behaupten, ich hätte mehr in meinem Leben gearbeitet als der Yak-Führer, den ich jetzt mit meinem "wohl verdienten" Geld bezahle, damit er mir seine Berge zeigt.
Es ist und bleibt Zufall, dass er in tollen Bergen wohnt und ich in einem Tag im Büro soviel verdiene wie er in zwei Wochen.

Die Freiheit der Personen hier vor Ort ist nicht auf dem Niveau der meinigen. Aus diesem Ungleichgewicht leite ich eine Berechtigung ab, meine Freiheit einzuschränken. Mit dem Ziel, hoffentlich den Lebensstandard und damit auch die persönliche Freiheit der Menschen hier zu fördern.

Mir wird klar, was ich bisher gewöhnt war, was mir normal und selbstverständlich erschien: dass die Berge der Alpen ein Raum sind, in dem eine relative gleichmäßige Verteilung von Freiheit herrscht. Ein Teil von Europa.
Diese Möglichkeiten sind einmalig auf der Welt.
Darüber sollte man sich im Klaren sein und überlegen, was in Zukunft nötig ist, um diesen Zustand zu erhalten und zu fördern.

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