Göttin in schwarz und weiß 18.-20.7.


Der Name dieses Berges erklärt sich durch ihr Aussehen. Die Nord- und Westflanken der Kanamo sind schneebedeckt und vergletschert und daher strahlend Weiß. Am Süd- und Osthang zeigt sich der dunkle, fast schwarze Geröllsplitt aus dem der Berg besteht.


 Die Kanamo gehört zu den Trekking-Gipfeln im indischen Himalaja, die einem die Möglichkeit geben Höhenluft zu schnuppern. Der Gipfel kann erreicht werden ohne Gletscher zu queren, es gibt keine Kletterpassagen, technischen Geräte sind nicht notwendig und darüber hinaus keine langen Zustieg: die Besteigung kann in zwei bis drei Tagen erfolgen. Nichtsdestotrotz ist der Berg mit 5900 Höhenmetern nicht zu unterschätzen. Frei nach Ueli Steck: Fast-Sechstausender bleibt Fast-Sechstausender.

Nachmittags gehen wir auf Erkundungstour. Im Internet haben wir leider keine detaillierten Beschreibungen oder GPS Treks gefunden. Karten gibt's, wie bereits häufig erwähnt, nicht. Im "Gespräch" mit ein paar local Aunties und Uncles, sowie einigem hin-und-her-spaziere, finden wir den Pfad. Der Beschluss steht: wir verschieben unsere Planung einen Tag nach vorne und starten schon am nächsten Tag zum Base Camp.

Früh klingelt der Wecker. Im Vergleich zu den letzten Tagen ist es recht bewölkt. Wir starten um kurz nach 6 Uhr. Das Dorf schläft noch, nur die Esel und Schafe beobachten unseren Aufbruch.


Der schmale Pfad führt über sanfte, sandige Hügel und immer wieder in kleine Senken hinab. Hier oben ist der Verlauf des Wassers noch nicht kanalisiert für die Gerstenfelder im Tal. Das Wasser kann sich frei verteilen und ermöglicht satt grüne Wiesen, gesprenkelt mit Blumen.



Wir blicken gen Süden in das trockene Tal mit den fruchtbaren Feldern, die sich um die Dörfer Kibber und Chichum versammeln. Dahinter erhebt sich das Massiv der Great Himalayan Range. Wir laufen in die andere Richtung. Im Norden erhebt sich die Kanamo, Godess of Black and White.

Unser Base Camp liegt an einem munteren Bach auf 4800m. Wir sind bereits um zehn Uhr morgens angekommen und verbringen den Mittag entspannt am Zelt. Nachmittags regnet es tatsächlich, was hier im trockenen Spiti einer Sensation gleich kommt. Wir machen uns auf eine kleine Erkundungstour. Steinmännchen weisen uns den Weg, um einen Vorhügel der Kanamo. Wir laufen durch Nebel und Nieselregen. Die Luft ist trotzdem noch warm. Wir stehen in Shorts auf über 5000m.


Die Nacht ist sogar so warm, dass wir mit offenen Schlafsäcken im T-Shirt schlafen. Verrückt! Wir sind auf gleicher Höhe wie beim Summit Camp des Hanuman Tibba, auf gleichem Breitengrad, doch das Klima ist vollkommen anders.

Eigentlich wollen wir gegen vier Uhr aufbrechen. Der Blick gen Himmel verspricht aber weder einen schönen Sonnenaufgang noch zu heiße Sonnenstunden tagsüber. Wir lassen uns Zeit und starten um kurz nach sechs. Der Weg lässt sich wie folgt zusammenfassen: lang und recht monoton. Die ersten 500 Höhenmeter laufen wir noch entlang Bergminzpflänzchen und Edelweiß, dann dominiert dunkler Schutt.



Je höher wir kommen desto häufiger machen wir Pausen. Im Schlussanstieg lautet unser Rhythmus: 30 Schritte, Verschnaufen. Was wir an diesem Berg merken: uns limitiert nicht unsere Kondition oder die Kraft in den Beinen, es ist die Höhe und der Kreislauf, die uns zur Langsamkeit zwingen. Wenn man das versteht fühlt man sich gleichzeitig stärker und entspannter.




Die Aussicht vom Gipfel lässt uns auf unser nächstes Ziel freuen: ab dem 22.7. werden wir über den Parang La Pass zum Tso Moriri nach Ladakh wandern. Eine großartige Landschaft wartet auf uns und dank dieser Besteigung sind wir wieder gut akklimatisiert.

Fünf Stunden haben wir für den Aufstieg gebraucht, innerhalb von knapp zwei sind wir wieder im Summit Camp. Die Schutthänge können wir entspannt und kontrolliert hinunter rutschen. Durch mein Missgeschick am Khir Ganga sind wir bezüglich der Gefahr des Abstiegs vermehrt sensibilisiert. 80% der Unfälle am Berg passieren beim Rückweg. Die Gefahrenzone scheint verlassen, der Geist entspannt, die Muskeln werden müde, die Gedanken sind nicht mehr beim nächsten Schritt sondern bereits im Tal.

Wir kommen wohlbehalten am Zelt an. Spontan entscheiden wir, weil es so schön ist, noch eine Nacht zu bleiben. Der Nachmittag ist warm, wir dösen in der Sonne. Diesen wunderschönen Tag mit Gipfelerfolg lassen wir im warmen Sand sitzend ausklingen, die Strahlen eines klaren Sonnenuntergangs im Gesicht.



Das gestern noch ruhige Base Camp ist bei unserer Ankunft erstaunlich gewachsen. Eine zwanzigköpfige Gruppe aus der Schweiz hat ihre Zelte unweit von unserem aufgebaut, etwas entfernt ist der indische Trekkinganbieter. Glück gehabt, unser Timing war genau richtig.

Am nächsten Morgen geht es gemütlich zurück nach Kibber. Die nächsten zwei Tage wird entspannt, dann soll es weiter gehen, über den Parang La Richtung Ladakh. Man darf gespannt sein.

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